Stand heute sieht es m.E. am ehesten nach einer Groko aus, wobei der
Begriff mittlerweile irreführend ist, weil das mit 'groß' kaum noch zu
tun hat. Schwarz-Grün wäre noch denkbar, aber im Moment kann ich's mir
nicht vorstellen. Die Union hat sich ja auf Grün eingeschossen.
Über die künftigen Grünen bin ich mir noch nicht sicher. Die Grünen
waren immer eine vielschichtige Partei mit einem großen inneren
Spektrum. Seit 25 Jahren dominieren darin die transatlantischen Rechten,
das ist ja das, was sie für die CDU attraktiv macht. Das muß aber nicht
ewig so bleiben, Alte scheiden aus, Junge kommen nach, die vor allem,
das ist deren primäres Anliegen, klar und deutlich wieder die Sprache
des Umwelt- und Klimaschutzes [1] sprechen usw. Es könnte einestages
auch die Grünen ähnlich zerreißen, wie jetzt die Linken, insbesondere
falls sie bei der nächsten Wahl einen schweren Verlust einfahren (oder
gar aus dem Bundestag fliegen [2]). Hint: auch in CH haben sich die
Grünen offiziell gespalten (2004), nämlich in die verbliebenen,
klassischen und im Vergleich zu D weniger transatlantischen, dafür
linkeren Grünen und die sog. Grünliberalen, die sich eher zur Mitte hin
orientieren. Schwarzgrün wäre also in D vielleicht heute noch eine
Option, möglicherweise künftig nicht mehr.
Im Übrigen ist selbstverständlich derzeit die Ablehnung der AfD groß,
aber auch das muß (siehe Österreich) nicht immer so bleiben. Die CDU
schmerzt ein Potential von möglicherweise 20% rechts von ihr ganz
erheblich, und Brandmauer hin oder her, eine Koalition könnte zumindest
politisch stabil sein. Die AfD pflegt und propagiert momentan ihre
Koalitionsuntauglichkeit auf jeder Ebene, insbesondere durch Höcke und
andere Rechtsextreme, könnte sich aber durch einen verleichsweise
bescheidenen Personalwechsel an den sichtbaren Positionen einestages für
rechte Kreise in der CDU als Option anbieten. Und ihr Potential wird
weiter wachsen, nämlich in dem Maße, wie die übrigen Parteien weiter in
ihrer einfallslosen Erstarrtheit versagen. - Ob eine starke AfD gut und
wünschenswert wäre, ist eine ganz andere Frage, um das für notorische
Hineinleser und Mißversteher des Hineingelesenen gleich hinzuzufügen.
Drittens, auch das wäre mal zu überlegen: falls die Situation entstünde,
daß nach der Wahl tatsächlich keine mehrheitsfähige Koalition
zustandekommt, könnte D auch einmal eine Minderheitsregierung erlangen.
Deren Konzept wäre dann notgedrungen automatisch eine
konsensorientierte, überzeugende, demokratische Politik. Den Mut hat
allerdings nicht jeder.
T.M.
[1] Die Tatsache, daß solche Organisationen wie Fridays for Future und
die Letzte Generation entstehen und populär werden, hängt ja damit
zusammen, daß die Grünen diese Themen nicht mehr sichtbar besetzen.
[2] das hängt ganz wesentlich von drei, vier heutigen Repräsentanten ab,
und davon, was diese dem Wähler noch an Zumutungen vorsetzen werden